(von Christoph Beckert, Fliegerrevue 07/2015)
Die Hohe Kunst des Ultraleichten Fliegens
Aus gutem Grund erlebt die Ultraleicht-Fliegerei seit Jahren eine stetig steigende Popularität. Die Technik der Fluggeräte macht schnelle Fortschritte, einige der leichgewichtigen Fluggeräte sind äußerlich nur noch durch ihre Kennung von Reise- und Sportflugzeugen zu unterscheiden. In Weilerswist ermittelten UL-Piloten aus ganz Deutschland ihren Meister.
Der kleine Ort Weilerswist in Nordrhein-Westfalen ist Ende Mai zum Ausrichtungsort der Deutschen Meisterschaft im Ultraleicht-Fliegen geworden. Bereits zum 26. Mal wurden anhand von verschiedenen Prüfungen und in mehreren Klassen die besten Piloten gesucht. Im Mittelpunkt des Wettbewerbs stand aber nicht nur der sportliche Wettkampf – so konnten auch interessierte Besucher in die Welt der UL´s hineinschnuppern.
Damit der Wettbewerb stattfinden kann, arbeiten traditionell der Deutsche Aeroclub e.V. und der Deutsche Ultraleichtflugverband eng zusammen. Mit der Ultraleicht-Fluggruppe „Nordeifel“ e.V wurde ein engagierter Organisator gefunden. So konnte auf dem Flugplatz Weilerswist mit seiner 500 Meter langen Graspiste für ein paar Tage ein wahres Mekka für UL-Flieger verwirklicht werden.
Entsprechend feierlich wurde auch der Beginn des Wettbewerbs zelebriert – nach der Begrüßung durch den Landrat und einem Feldgottesdienst konnten Flieger und Flugzeuge auch die Segnung durch einen ehemaligen Militärdekan und Freund der Flugsportgruppe empfangen.
Mit Karte und Bleistift
Neben der Präsentation der einzelnen Fluggeräte in der Platzrunde hatten die Teilnehmer im vorhinein schon Gelegenheit gehabt, sich mit dem Flugplatz und der Umgebung vertraut zu machen. Während der drei Trainingstage konnten sich alle Piloten im Vorfeld auf die vier Wettbewerbstage vorbereiten.
Der Wettbewerb wurde in vier verschiedenen Klassen durchgeführt: Die Besatzungen von gewichtskraftgesteuerten Flugzeugen wie Trikes, Tragschraubern und aerodynamisch gesteuerten Flugzeugen, mit der Unterscheidung in ein- und zweisitzige, traten jeweils gegeneinander an.
Der erste Wettberwerbstag startete gleich mit einer besonderen Herausforderung an die Piloten. Die Aufgabe bestand darin, einem 152 Kilometer langen Kurs zu folgen und dabei vorher definierte Geländemarken zu finden. Doch nicht nur das, denn schon beim Start konnten durch eine besonders kurze Startstrecke die ersten Punkte gesammelt werden. Auf dem Flug entschied dann vor allem die individuelle Flugvorbereitung. Allein auf Karte und Bleistift gestützt, musste die richtige Route gefunden werden – die inzwschen in der UL-Fliegerei weit verbreiteten Geräte zur GPS-Navigation mussten am Boden bleiben. Allein der zurückgelegte Flugweg wurde mit einem Logger aufgezeichnet und bestimmte am Ende die Punktzahl des Fluges.
Der Sichel entlang über die Eifel
Am zweiten Wettbewerbstag stand eine Flugaufgabe über die Eifel auf dem Programm. Entlang eines Kurses über Schleiden, Nettersheim und dann im Kreisbogen am Effelsberger Radioteleskop zurück nach Weilerswist mussten die Besatzungen markante Ziele in der Landschaft finden und auf ihrer Karte markieren. So jagten 23 Pilotinnen und Piloten quasi im Vorbeiflug die ausgelegten Stofftücher. Am Abend mussten dann die Piloten noch bei einem Ziellandewettbewerb zeigen, wie präzise sie ihre Fluggeräte beherrschen. Die besondere Herausforderung bestand darin, das 100 Meter lange Landefeld aus einer selbst gewählten Höhe ohne Motor zu erreichen.
Der dritte Wertungstag stand ganz unter dem Thema Präzision. Nachdem die Flugroute mit ihren verschiedenen Geraden und Bögen auf die Karte übertragen war, wurde die Bezeichnung „Sichel“ für die Flugaufgabe klar. Dabei mussten zwei gerade Routen, der „Sichelgriff“, und zwei Bögen, quasi die Schneide und deren Rückseite abgeflogen werden. Doch nicht nur diese 150 Kilometer lange Route galt es zu bewältigen – die Besatzungen mussten auch vorher angeben, wie lange sie dafür benötigen würden.
Die beiden letzten Wettbewerbe fanden zuschauerfreundlich wieder am Ultraleicht-Flugplatz Weilerswist statt. Bei der Kurzstreckenstart-Übung galt es eine Hürde aus Trassierband zu überfliegen. Hier musste jeder Pilot selbst einschätzen, wie lang bzw. wie kurz seine Startstrecke sein würde. Je kürzer die Strecke, desto mehr Punkte konnte der Pilot erreichen, durchtrennte das Flugzeug die Hürde, gab es keine Punkte. Den Abschluss des Wertungstages bildete eine Ziellande-Übung. Auf einer 100m langen Strecke musste der Flieger möglichst genau an der „Null-Linie“ landen.
Gelungenes Treffen der UL-Gemeinde
Neben dem obligatorischen Fliegerabend am Ende des Wettbewerbs wurden auch die Sieger gekürt. In der Klasse der gewichtskraftgesteuerten Flugzeuge konnten sich Viktor Wyklicky und Sven Harsch, die auch Gesamtsieger aller Klassen wurden, durchsetzen. Bei den einsitzigen aerodynamischen UL´s gewann Ulrich Nübling, bei den zweisitzigen Holger Conrad zusammen mit Andreas Kaiser. Der Deutsche Meister in der Kategorie Tragschrauber wurde Johannes Lemburg.
Neben dem sportlichen Gedanken beim Vergleich der Flugfertigkeiten zählte für alle Beteiligten aber auch der Wert der Meisterschaft als Treffpunkt und Präsentation für die UL-Szene.
Für die Organisatoren der Fluggruppe „Nordeifel“ war die Deutsche Meisterschaft darüber hinaus ein markanter Punkt der Vereinsgeschichte, an den man sich noch lange erinnern wird.