Am 10. Juni ging es los. Für die „Magdeburger Gruppe“ (Jan und Ingo) problemlos, für die NRW-Gruppe (Rainer und Werner) etwas holpriger.
Weil unsere Heimatflugplätze (Hamm, Magdeburg und Weilerswist) ja doch einige Kilometer auseinander liegen und sich ein Treffpunkt auf dem Reiseweg schon bei der letzten Tour bewährt hat, haben wir diesmal Zell am See (LOWZ) in Österreich als Startplatz für die gemeinsame Tour ausgewählt. Rainer ist zwar sehr früh aufgestanden, war noch vor der Platzöffnung im Hamm am Flugzeug, aber Probleme mit der Batterie und dem notwendigen Fremdstarten verzögerten den Start um einiges. Die Batterieprobleme sollten uns noch eine Zeitlang begleiten. Mit dem geplanten Umweg über Weilerswist ging es gen Süden zum Kaffee- und Weißwurst-Stopp nach Jesenwang (EDMJ).
Ein kleiner Umweg rund um Augsburg wegen eines temporären Sperrgebietes zum „Tag der Bundeswehr“ war bald abgehakt. Nachdenklich wurden wir aber, als wir erfahren haben, dass der Weiterflug nur wegen des gleichbleibend günstigen Windes möglich war. Der Grund: Das Sperrgebiet reichte so nah an die Schwelle von Jesenwang, dass man nur in einer Richtung starten und landen konnte.
In Zell angekommen, einigte man sich schnell darauf, den Sprung über die Alpen auf den Sonntag zu verschieben und den Abend in Zell zu verbringen.
Jan fand – wie immer online – eine gute Unterkunft, mitten in Zell gelegen. Der überschaubare Ortskern ist gut zu Fuß zu erkunden und auch Restaurants mit einheimischer Küche sind schnell gefunden.
Auf einer abschüssigen Terrasse haben wir, bedient von einer netten Ungarin, gut gegessen. Dabei werden uns wahrscheinlich Jans besonders aromatischen Kasnockerl noch länger in Erinnerung bleiben.
Später mussten wir feststellen, dass Zell nachts eher dem Ballermann als einem Kurort gleicht. Am Sonntagmorgen waren wir vom ungewöhnlich „gewinnorientierten“ Verhalten des Flugleiters überrascht, kannten wir doch alle Zell am See von früheren Aufenthalten als sehr gastfreundlichen Flugplatz. Es begann damit, dass wir auf dem Weg zu den Flugzeugen vom Flugleiter in rasanter Fahrt mit dem Quad eingeholt und nachdrücklich ans Bezahlen der Standgebühr erinnert wurden. Beim Bezahlen bestand er dann noch auf einer Extragebühr für die Flugplaneröffnung von einem Euro.
Als wir endlich startklar in den Maschinen saßen, streikte Rainers Batterie erneut. Auf Anfrage „unterstützte“ der Tower erst mit dem Hinweis, dass wir uns selbst helfen sollten. Später konnten wir ein Starthilfe-Set aus der Werkstatt benutzen. Für diese eigentlich selbstverständliche Hilfeleistung wurde eine „freiwillige“ Spende von zehn Euro erwartet. In der ganzen Hektik haben wir diesen Spendenaufruf vergessen, wurden aber in den endlich laufenden, startbereiten Maschinen per Funk noch einmal zum Spenden aufgerufen.
Der Flug bei bestem Wetter führte vorbei an Mauterndorf, dem höchstgelegen Flugplatz Österreichs, vorbei am Millstätter See und am Wörther See über Villach und den slowenischen Nationalpark Triglav in den Julischen Alpen nach Postojna (LJPO).
Der Funkverkehr mit den Fluginformationsdiensten (Wien und Ljubljana) funktionierte geländebedingt nur sporadisch. Probleme beim Bord-Bord-Verkehr waren selbstgemacht; an das notwendige Aktivieren der Dual-Watch-Funktion nach jedem Frequenzwechsel musste Werner sich erst gewöhnen.
Beim Landeanflug auf Postojna (LJPO) machten wir zwar die erforderlichen Blindmeldungen, aber peinlicherweise mit einem Zahlendreher in der Frequenz und landeten vor den Augen einiger überraschter Segelflieger auch noch mit dem Wind. Zur Begrüßung gab es prompt den berechtigten „Anschiss“ des Flugleiters. Sprachprobleme und fehlende Ortskenntnis der Segelflieger (allesamt Hobbypiloten aus Ljubljana) machten schon das Rufen eines Taxis zur Unterkunft und natürlich zu den weltberühmten Grotten zum Problem. Erst intensives, ständiges Bohren und Nachhaken mit Händen und Füßen führte zum Erfolg. Ein ortsansässiges Mitglied hatte doch noch eine Telefonnummer eines lokalen Taxiunternehmens gefunden.
Bei dem rührigen Taxifahrer waren wir gut aufgehoben. Er brachte uns nicht nur zu den beiden Hauptsehenswürdigkeiten, er kannte auch einen Pensionsbetreiber, lobte dessen Tochter für ihr gutes Frühstück und empfahl uns ein nahe gelegenes Lokal fürs Abendessen. Seiner Empfehlung folgend fuhren wir mit ihm zuerst zur rund zehn Kilometer entfernten, eindrucksvollen Felsenburg Predjama aus dem 12. Jahrhundert.
Einer der Burgherren, der Raubritter Erasmus von Luegg, soll 1484 von Belagerern angeblich auf kuriose Weise, während eines Gangs zum Abort, von Steinkugelgeschossen getötet worden sein. Wikipedia spricht von einer Legende, die für Touristen aufrechterhalten wird.
Nach einer Stunde wurden wir abgeholt, haben uns für die kühle Höhle umgezogen und an der empfohlenen, letzten Führung des Tages teilgenommen. Es waren aber immer noch unzählige Menschen mit uns unterwegs. Abgesehen davon sind die weitläufigen Höhlen sehr empfehlenswert.
Es handelt sich dabei immerhin um die zweitgrößten für Touristen erschlossenen Tropfsteinhöhlen der Welt. Der ganzjährig geöffnete Teil umfasst über 20 km an Höhlengängen und wird zum Teil mit einem Zug befahren (je 10 Minuten Ein- und Ausfahrt, dazwischen ca. eine Stunde zu Fuß bei einer Führung).
Zum Abendessen im guten Restaurant Čuk waren es nur zehn Minuten Spaziergang und genauso weit war es zum obligatorischen Eis in der kleinen Innenstadt. Die Pension, im Internet hoch bewertet, bekam von uns ein „Na-Ja“. Die Straße war zumindest in Ingos und Jans Zimmer ziemlich gut zu hören. Beim Frühstück gab sich die Tochter des Hauses wirklich alle Mühe und auch unser Taxifahrer holte uns zur vereinbarten Zeit ab.
Am Flugplatz war zunächst alles wie erwartet. Wir waren ganz unter uns. Flugvorbereitung und Check verliefen ohne Besonderheiten. Einzig die Hoffnung darauf, dass Rainers Batterie nach dem letzten Flug geladen wäre, erfüllte sich nicht. Werner konnte am nahegelegenen Parkplatz ein Gastarbeiterpaar aus Baden-Baden zur Fremdstart-Hilfe überreden. Otočac in Kroatien, das Reiseziel für diesen Tag, lag nur rund 120 km südlich von Postojna. Den politischen Verhältnissen in Europa geschuldet, mussten wir für die legale Ausreise aus Slowenien und die Einreise in Kroatien jeweils „Zoll-Flugplätze“ anfliegen.
Der Zeitbedarf für die damit verdoppelte Flugstrecke ist leicht zu berechnen und eigentlich zu vernachlässigen. Erfahrungsgemäß unberechenbar bleibt der Zeitbedarf für die Grenzformalitäten.
Der Flug nach Portorož (LJPZ) war sehr schön, vor allem weil schon nach kurzer Zeit die Adria zu sehen war. Jan und Ingo fanden auch das italienische Triest von oben sehenswert. In Portorož erwartete uns ein sehr freundlicher Empfang. Das begann mit einem „Follow-Me-Moped“ und einem Golfcar für den Transport vom Flugzeug zum Flughafengebäude (der Rückweg war später zu Fuß) und ging weiter mit „Jet-A1“, dem optionalen Begrüßungsschnaps. Auch die Zollformalitäten verliefen problemlos und waren mit rund 16 Euro (Landegebühr inklusive) günstig. Beim Abflug machte Rainer zügig Höhe und orientierte sich an der Autobahn nach Pula, Jan und Ingo überflogen noch die Salinenfelder vor Portorož und folgten zunächst der VFR-Route „Adria 1“ entlang der Küstenlinie bis Vrsar. Über dem Limski-Zaljev-Reservat kam die Formation wieder zusammen, so dass wir alle mit geringem Abstand in Pula (LDPL) ankamen. Auch hier waren Handling und Zoll problemlos und sehr günstig (12 Euro). Nachdem wir die Maschinen für das letzte Stück mit Kanistern betankt hatten, ging es nach einer kurzen Pause weiter.
Zwischenzeitlich hatte uns Toni Dujmovic, der Platzbetreiber in Otočac (LDRO), mehrfach angerufen und sich nach unserer voraussichtlichen Landezeit erkundigt. Er machte sich dabei nicht nur Sorgen um uns, ihm ging es auch um die abgesprochene Organisation unseres Aufenthaltes. Schließlich musste jemand am Flugplatz sein, der Zugang zum Hangar hatte und vor allem, musste er wissen, ob und wie lange er Fahrer und Fahrzeug für unseren Ausflug zu den rund 60 km entfernten Plitvicer Seen bereit halten musste.
Der Flug über die Kvarner Bucht verlief sehr ruhig, wie immer, wenn es übers Wasser geht. Der Flugplatz war ziemlich leicht zu finden. Alle Flieger hatten Platz in einem fast leeren Hangar, in dem nur Tonis Motorsegler, ein „Falke“, stand.
Nach ein paar informativen Worten zum weiteren Verlauf mussten wir nur noch das bereitstehende Taxi besteigen, um zum Nationalpark „Plitvicer Seen“ zu kommen. Leider sprach der sehr freundliche Fahrer kein Wort deutsch oder englisch, so dass die Fahrt ungewöhnlich still verlief.
Der Nationalpark „Plitvicer Seen“ ist der flächenmäßig größte Nationalpark Kroatiens und zugleich auch der älteste Nationalpark Südosteuropas. Er ist für seine kaskadenförmig angeordneten Seen weltbekannt, von denen an der Oberfläche derzeit 16 sichtbar sind. Die Seen sind durch natürliche Barrieren voneinander getrennt, ein Merkmal von einzigartigen Naturvorgängen. Im deutschsprachigen Raum bekannt geworden ist der Park auch durch die Karl-May-Verfilmungen aus den 1960er Jahren.
Rund zweieinhalb Stunden dauerte unsere Wanderung durch den Park, Shuttlebus und Bootsfahrt inbegriffen, immer wieder unterbrochen von Aufenthalten zum Fotografieren und noch öfter wegen Stau auf den schmalen Wegen, weil eine unglaubliche hohe Zahl von Besuchern oft den Blick auf die Wasserfälle und Seen versperrten.
Auf dem Rückweg wollten wir noch einen Abstecher zur Flugzeugkaverne Željava machen. Die Konversation mit unserem Fahrer gestaltete sich schwierig und führte erst nach mehreren Telefonaten mit Toni und seiner Frau zum Erfolg.
Die Flugzeugkaverne Željava an der bosnisch-kroatischen Grenze bei Bihać war die größte militärische Flugzeugkaverne in Europa. Der Komplex fasste bis zu 80 MiG-21-Flugzeuge und ca. 1500 Soldaten. Die Kaverne wurde zwischen 1957 und 1970 gebaut, kostete rund sechs Milliarden Dollar und wurde mit dem Rückzug der Jugoslawischen Volksarmee 1991 gebrauchsunfähig gemacht.
Die Neugier auf das beeindruckende Objekt war ziemlich unterschiedlich ausgeprägt. Das reichte vom Erkunden der dunklen Räume (bis zu 100 Metern weit), bis zum Reinschauen und „Draußenbleiben“. Minenwarnschilder zeugen von der – abseits der Wege – sicher noch vorhandenen Gefahr. Wie wir später erfahren haben, hat Toni die beiden F-84-Wracks an seinem Flugplatz in Otočac selbst von hier abgeholt.
Nach der Rückfahrt gab es noch ein Feierabendbier bei Toni. Dabei führte er uns auf der Wiese vor dem Haus sein zweites Hobby vor, die Ausbildung von Schäferhunden. Die Wiese ist gleichzeitig Heliport für einen Freund, der mindestens einmal pro Woche in Tonis Hof landet. Abschließend brachte uns Toni ins Hotel, wo die Küche noch auf uns gewartet hat und ein spätes Abendbrot mit dem landesüblichen Selbstgebrannten servierte.
Am Dienstag, 13. Juni, versuchten wir mal was ganz Schlaues. Wegen Rainers anhaltender Batterieprobleme haben wir zwei fast identische Flugpläne aufgegeben, deren Startzeit um eine Stunde auseinander lag. Die Deutsche Flugsicherung (DFS) fand das nicht so schlau und wir mussten uns eine Belehrung über den hohen Aufwand bei der Bearbeitung und Verteilung eines Flugplanes anhören und Besserung geloben. Toni holte uns nach dem Frühstück vom Hotel ab, hatte schon Sprit besorgt und wollte uns beim Kauf einer Ersatzbatterie helfen. Der Motorradladen war zwar gut sortiert, aber ohne Abmessungen war eine passende Batterie nicht zu finden. Am Platz angekommen, zeigte uns Toni seinen ganzen Stolz: das Wrack einer DC-3. Aus der soll ein Café mit Terrasse werden. Viele Arbeitsstunden hat Toni schon in das Projekt gesteckt, viele Kilometer Kabel für die Küche und für Monitore an den Sitzplätzen verlegt und ist noch lange nicht am Ziel.
Ausnahmsweise gab es diesmal keine Probleme beim Starten und auch der Flug über Wasser entlang der Inselketten zwischen 1000 und 2000 ft war ein positives Erlebnis. Zur Landung auf dem Zielflugplatz Brač (LDSB) mussten wir steigen, schließlich liegt der Platz auf dem Inselplateau ungewöhnliche 1776 ft hoch.
Das Taxi meisterte den Höhenabbau in rasanter Fahrt zu unserer Unterkunft in Bol, wo wir ganz herzlich von Antonia zunächst in Englisch, später auch in Deutsch empfangen wurden. Von da aus waren es nur 200 m zum Hafen, dem eigentlichen Mittelpunkt des idyllischen Ortes. Dort waren viele Restaurants, Cafés und ein sehr guter Eisladen. Ein Taxiboot brachte uns zum Baden aufs „Goldene Horn“, das als einer der beliebtesten Strände Kroatiens gilt. Was aus der Luft noch wie ein Sandstrand ausgesehen hat, entpuppte sich als „Kiesgrube“.
Der Rückweg führte zu Fuß durch eine schöne Promenade entlang der Küste. Am Abend saßen wir bei Santos zu einem wahrhaft fürstlichen Abendessen mit Fisch und Wein – und natürlich gab es zum Nachtisch die gewohnte Eis-„Orgie“ beim Eisladen unterwegs.
Weil der Slot für unsere geplante Landung in Mostar (LQMO) laut Mail verschoben werden musste, hatten wir am nächsten Morgen Zeit für ein ausgiebiges Frühstück am Hafen mit Kaffee, frisch gepresstem Orangensaft und Kuchen vom Bäcker nebenan gewonnen.
Beim Abflug vom Flugplatz Brač, den wir uns am Vortag noch mit den großen Urlaubsfliegern teilten, waren wir uns selbst überlassen. Tower und ATC waren noch nicht in Betrieb und so setzten wir beim Starten Blindmeldungen ab und funkten erst später mit Split-Radar und FIS. Der Abflug über die „22“ war ein besonderes Erlebnis, denn unmittelbar am Ende der Piste überflog man die zum Meer steil abfallenden Klippen (rund 1800ft) und musste dann auf die Reiseflughöhe der VFR-Route sinken. Die Route führte zwischen der Küste und der Insel Hvar entlang, mit dem bekannten Leuchtturm von Sucuraj an der Südspitze, weiter bis Ploče, wo sich schon sich bald danach das Delta der Neretva öffnet.
Die Neretva ist mit 218 km Länge der bedeutendste Fluss im Gebiet der Adria. Die Neretva verläuft meist in einem Canyon. In ihrem Mündungsgebiet bildet sie auf fast 100 km2 Fläche ein riesiges, sumpfiges Delta, das von etwa einem Dutzend Flussarmen durchzogen wird. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Delta nach dem Vorbild holländischer Polder weitgehend trocken gelegt und zu einem üppigen Garten verwandelt. Hier befinden sich große Obst- und Gemüseplantagen, und in den von vielen Kanälen durchzogenen Feldern wird sogar Reis angebaut.
Nach Überfliegen des Deltas flogen wir weiter der Neretva entlang in Richtung Mostar. Kurz vor Erreichen des Platzes wurden wir wegen einer landenden Linienmaschine in eine Warteschleife über Whiskey 1 geschickt. Aber: „Wo zum Teufel ist Whiskey 1?“ Rasches Handeln war angesagt. Der Tower war mit der Meldung, dass wir über Citluk kreisen, zufrieden und wir durften schon bald unseren Landeanflug fortsetzen. Mit respektvollem Abstand zu möglichen Wirbelschleppen landeten wir in Mostar, wo wir sehr herzlich von Daniel, unserem eMail-Kontakt, empfangen wurden.
Die Altstadt rund um „Stari Most“ (die alte Brücke) ist wirklich sehr sehenswert und belebt. Viele kleine Händler bieten allerlei Souvenirs an und am Flussufer buhlen die Restaurants um Kunden.
Die Brücke überspannt die Neretva und verbindet den mehr bosniakisch geprägten Ostteil mit dem stärker kroatisch geprägten Westteil der Stadt. Mit einer lichten Weite von 28,7 Meter und 19 Meter Höhe (im Scheitelpunkt über der Neretva) war sie zur Zeit ihrer Erbauung im 16. Jahrhundert ein Meisterwerk der Ingenieurbaukunst. Die Brücke gilt seit Jahrhunderten als die symbolische Brücke zwischen Ost und West, nicht nur zwischen der Welt des Christentums und der islamischen Welt, sondern auch zwischen den katholischen Kroaten und orthodoxen Serben.
Nach einer kleinen Kaffeepause mit türkischem Kaffee, der nicht jedermanns Geschmack trifft, haben wir dann in einem Lokal mit Balkon über der Neretva gegessen. Das Essen war eher mäßig, aber der Blick auf die angestrahlte Brücke war einfach toll. Für einen kurzen Schreckensmoment sorgten zwei starke Explosionen, die offenbar direkt im Zusammenhang mit dem abendlichen Ruf des Muezzins standen.
Erschrocken fragten wir uns, ob wir Ohrenzeugen eines Anschlags geworden sind. Wenig später klärte uns der Kellner darüber auf, dass es in Mostar üblich sei, den Beginn des abendlichen Fastenbrechens auf diese Weise zu „verkünden“.
Nach einem kurzen Spaziergang haben wir – am ersten Tag mit mäßigem Wetter – in einer überdachten Kneipe mit dem Tagebuchschreiben begonnen. Dabei haben wir auch festgestellt, dass am Rande der Altstadt und in einigen Straßen noch immer hier und da Kriegsschäden zu sehen sind. Wenn man aber weiß, wie die Stadt nach dem Krieg ausgesehen hat, kann man der geleisteten Wiederaufbauarbeit nur Respekt zollen.
Nach dem Aufstehen am nächsten Morgen hatte sich die Wetterlage in und um Mostar beruhigt. Aber die Berge auf unserem Weg nach Ohrid (LWOH) waren nicht sicher zu passieren. Wir mussten uns entscheiden, ob wir einen weiteren Tag in Mostar verbringen oder mit einem kurzen Hop unserem Ziel näher kommen wollten. Für die Zwischenlandung fiel unsere Wahl auf Dubrovnik, das nicht zu Unrecht die „Perle der Adria“ genannt wird.
An diesem 15. Juni, dem sechsten Tag der Tour, setzte sich das kleine Drama mit Rainers Batterie fort. Vor dem Starten musste uns Daniel ein kleines Auto zur Starthilfe schicken. Der Flug nach Dubrovnik (LDDU), zunächst dem Lauf der Neretva und dann gen Süden der Küste folgend, war bei guten Sichten sehenswert. Nach Landung in Dubrovnik haben wir gleich von einem uralten, kleinen Tankwagen getankt. Während des Tankens und der eher komplizierten Abrechnungsprozedur waren viele Urlaubsflieger, meist mit britischer Zulassung zu sehen. Betreut wurden wir vorbildlich von Marija, das ist wohl der ICAO-Name für hübsche Handlings-Assistentinnen, zumindest war es bei weitem nicht die erste Marija auf unseren Touren.
Dubrovnik hat auch für diejenigen unter uns, die schon einmal da waren, nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Leider sehen das auch ganz viele andere Menschen so, dass die Stadt ziemlich „überlaufen“ war. Unsere Zimmer lagen mitten in der Altstadt, in einer der engen, romantisch anmutenden Seitengassen mit dem besonderen, mediterranem Flair.
Im Hafen angekommen, bestellten wir eine „kleine“ Portion Mali Ribe (=kleine Fische) zum Mitnehmen, haben sie dann aber doch im Lokal unter dem Regenschirm genossen. Der kleine Schauer war bald vorüber und Ingo und Jan gingen auf große „Stadtmauertour“. Am Abend haben wir in einer der Seitengassen gut gegessen. Natürlich gab es nach dem Abendspaziergang, u.a. über eine wunderschöne barocke Treppe zur Jesuitenkirche, Eis zum Dessert.
Am 16. Juni, dem siebten Tag der Tour, haben wir gut und lange in einem der zahlreichen Restaurants gefrühstückt. Nebenbei haben wir im Internet Motorrad- und Batteriehändler gesucht und nacheinander angerufen. Dabei haben wir die Zeit für den Zimmerwechsel verpasst und uns Gemecker vom Reinigungspersonal anhören müssen.
Wichtiger war aber, dass die Batteriesuche in einem Laden am neuen Hafen endlich erfolgreich war. Nun mussten wir nur noch die Mindestladezeit des frisch-befüllten Akkus mit Spazierengehen und Kaffeetrinken „totschlagen“. Mit der neuen Batterie ging es per Shuttlebus durch die Altstadt bis zum Flugplatz. Die Fahrt im Stop-und-Go-Verkehr dauerte eine gefühlte Ewigkeit. Dafür kam uns das Flughafenprocedere sehr flüssig vor. Das änderte sich schlagartig, als Marija noch einmal angefahren kam und von Problemen mit Dokumenten sprach. Während Rainer, Ingo und Jan die Startvorbereitungen für die Flieger durchführten, inklusive Batterieeinbau in der CT, kümmerte sich Werner um das Dokumentenproblem, das eine Startfreigabe verhinderte. Die mazedonischen Behörden verlangten noch vor dem Start die Übermittlung von Pilotenlizenzen, Lufttüchtigkeitszeugnissen und Versicherungsnachweisen, obwohl uns die gleiche Dienststelle bei den Flugvorbereitungen schriftlich versichert hatte, dass keinerlei Dokumente einzureichen, sondern nur mitzuführen waren. Nun mussten also alle Papiere von den drei Maschinen eingesammelt, eingescannt, nach Skopje geschickt und dort geprüft werden. Natürlich war auch die Startverzögerung zu melden und damit der Flugplan anzupassen.
Als wir dann endlich gegen 15:30 Uhr Ortszeit zum Start rollen durften, gab es dann doch noch einen Funkspruch, der uns ein Lächeln ins Gesicht zauberte. Ein gerade gelandeter Lufthansa-Airbus bekam die Anweisung „give way to the three Microlights“ und musste uns vorbei rollen lassen.
Der Start und der Flug der Küste entlang war schon rein optisch ein Genuss, der Funk mit dem montenegrinischen Controller in Tivat weniger. Er wollte unbedingt, dass wir zum „Delta-Point“ fliegen und den Überflug melden. Dieser Punkt war aber in keiner gedruckten oder elektronischen Karte zu finden. So haben wir ihn statt über Delta-Point fortlaufend über unsere Position informiert, bis er uns wohl aufatmend an seinen albanischen Kollegen weiterreichen konnte.
Der Flug über Montenegro und Albanien zum Ohrid-See führte über sehr hohe Berge und wilde, zerklüftete Täler. Den Gedanken an eine Außenlandung musste man verdrängen. In Albanien waren zwar Straßen, aber kein Verkehr zu sehen. Dabei sind die Tage des Diktators Hoxha und die Tage ohne Privatautos längst vorbei. Angeblich soll Albanien 2012 sogar die höchste Mercedes-Dichte der Welt gehabt haben.
Rund 20 Kilometer vor Ohrid (LWOH) waren die letzten Berge überwunden und der Flugplatz schon von weitem zu sehen. Zu sehen war auch eine große Rauchsäule auf einem Feld, die uns anzeigte, dass wir bei der angegebenen Landung mit einigem Rückenwind landen sollen. Unserer Bitte, die Landerichtung zu ändern, wurde unbürokratisch zugestimmt.
Leider haben wir am Flughafen „Apostel Paulus“ in Ohrid keine VIP-Behandlung erfahren. Wir mussten uns hinter rund 150 Passagieren von Wizz-Air anstellen. Zu allem Überfluss wollte dann ein übereifriger Zöllner noch, dass wir unsere leeren Benzinkanister verzollen.
Nachdem auch wir endlich durch alle Kontrollen gekommen sind, wurden wir aus der Flugplatzhalle hinauskomplimentiert. Nach unserer und der Landung der Wizz-Air-Maschine wurde der Flugplatz geschlossen. Die vor der Tür wartenden Taxifahrer haben sich um uns gerissen, schließlich wollte keiner leer vom Flugplatz in die Stadt fahren. Unser Hotel war ziemlich modern und ziemlich neu, lag aber auf einem wenig attraktiven Hinterhof nur fünf Gehminuten vom See entfernt.
Ohrid hat eine schöne Promenade, mit viel Touristen-Halli-Galli im Zentrum. Für zusätzliches Leben sorgte ein internationaler Folklorewettbewerb. Wir spazierten in der belebten Fußgängerzone auf und ab und fanden auch zu dem ein oder anderen Eisstand. Zum Tagesabschluss haben wir direkt an der Ufermauer gut und preiswert gegessen.
Der Ohridsee ist der größte See Mazedoniens, einer der größten auf der Balkanhalbinsel und einer der ältesten der Erde. Der größere Teil gehört zur Republik Mazedonien, der kleinere zur Republik Albanien. Der Ohridsee gehört zu den ältesten Seen der Welt, er entstand durch einen Grabenbruch. Sein Alter wird auf 2 bis 5 Millionen Jahre geschätzt.
Am nächsten Tag haben wir – wetterbedingt – unseren Aufenthalt in Ohrid verlängert. Da sich der Hotelier bei der Preisgestaltung unflexibel zeigte, haben wir die nächste Übernachtung im gleichen Haus wieder übers Internet gebucht. An der Uferpromenade wurden wir von zwei Bootsführern animiert, fast schon „überfallen“. Der Günstigere bot die schöne Bootsfahrt um die Halbinsel zur Kapelle für 10 Euro für alle an. Mit im Preis waren laute, holländische Musik und selbstgebrannter Mastika (Anisschnaps) des Kapitäns. So früh am Morgen waren wir für beide Sonderangebote noch nicht so recht zu haben.
Nach der Bootsfahrt wanderten wir bergauf vorbei am Neubau einer kirchlichen Universität und der Ausgrabungsstätte einer alten Kathedrale zur imposanten Burganlage. Oben angekommen stellten wir fest, dass dort nur die teilweise alte, teilweise nachgebaute Burgmauer stand, die einen ansonsten leeren Innenhof umschloss. Im nahegelegenen Café mussten wir dann einen heftigen Schauer abwarten, bevor wir unseren Bummel durch die verwinkelte Altstadt fortsetzen konnten.
An diesem Abend spazierten wir zum Abendessen ins ehemalige Fischerdorf, das uns der Käpt´n bei der Bootsfahrt gezeigt hatte. Der Weg führte auf Stegen am Fels entlang zu einer hochgesetzten Terrasse.
Den kulinarischen Abschluss bildete – wie üblich – ein Hörnchen Eis in der Altstadt. Der Eiskauf war auch so recht nach Ingos Geschmack, konnte er sich doch bei kühlen 24 Grad an der Abwärme der Eistruhe wärmen.
Der 18. Juni, dem neunten Tag der Reise, markierte den wesentlichen Wendepunkt der Reise. Mit Ohrid hatten wir den südlichsten Punkt unserer Tour auf der Ostseite der Adria erreicht und schickten uns an, auf die Westseite zu fliegen. Wie wir schon aus der Ostsee-Tour am Beispiel „Tallinn“gelernt haben, sind Taxis zum Flugplatz immer teuerer als weg vom Platz. Da wir wussten, dass der Flugplatz ab 9 Uhr geöffnet sein soll, fuhren wir – dem deutschen Drang zur Pünktlichkeit folgend – schon gegen 8 Uhr los. Unterwegs füllten Jan und Ingo ihre Kanister noch an der Tankstelle. Am Platz angekommen, stellten wir fest und bekamen es auch bestätigt, dass der Flugplatz, immerhin der zweitgrößte internationale Flughafen des Landes, tatsächlich von 9 bis 10 Uhr Ortszeit mit dem kompletten Personal, einschließlich Polizei, Zoll und natürlich Kasse, nur für uns geöffnet hat. Der Abflug führte uns über den See und über die albanischen Berge (um die 6000 ft) vorbei an Elbasan zu den Lagunen des Divjaka-Karavasta National Parks, einem Paradies für Zugvögel.
Die Adria ist an dieser Stelle rund 125 km breit, in der Mitte sind beide Küsten zu sehen. Über dem Meer wehte ein strammer Rücken-/Seitenwind. Über Land fühlten sich der auffrischende Wind und die Thermik ziemlich „bockig“ an. Bei der Landung auf dem Zollflugplatz in Grottaglie (LIBG) waren zwischen 25 und 30 Knoten auf der Nase, die Landung und das Abrollen quer zum Wind eine echte Herausforderung.
Zum fliegerischen Stress kam noch der Tower dazu. An dem Platz, an dem nach eigenen Angaben nur gelegentliche Flüge von Boeing 747 vorkommen, waren Ultraleicht-Flieger, noch dazu in Formation, eine Seltenheit. Aus welchem Grund auch immer sollten wir die ohnehin schon ziemlich lose Formation auflösen, „each-by-each“ funken und erst nach Einzelfreigabe landen. Jan hatte das nicht mitgehört und landete unmittelbar nach Rainer, Ingo folgte Jans Beispiel. Werner empfing gleich zwei Standpauken, die erste vom Tower, die zweite von der überregionalen Führung, bei der uns der Türmer angeschwärzt hatte.
Neben einem (!) Mann fürs Handling waren bei An- und Abflug nur noch zwei Polizisten, aber kein Zöllner anwesend. Dabei war der Zoll der Grund für die Flugplatzwahl.
Genauso wenig war die Kasse/Buchhaltung besetzt, so dass uns vor Ort keine Rechnung ausgestellt werden konnte. Vorsorglich wurden wir um eine eMail-Adresse gebeten, an die die Rechnung geschickt werden sollte.
Der Abflug gestaltete sich genauso chaotisch wie Landung, weil uns auch der Start nur einzeln genehmigt worden ist und wir vorher schon versprechen mussten, diesmal den Anweisungen des Towers sehr genau zu folgen. Durch das Verfahren, das für jeden Flieger mit einem Zurückrollen zur Startposition auf der 3200m langen Piste begann, wurde die Formation schon beim Start gesprengt. Die Türmerin war hörbar erleichtert, als wir ihren Zuständigkeitsbereich verlassen haben, alleine der Funkverkehr mit Ingo brachte sie zur „Weißglut“. Nun lag noch der letzte Abschnitt des Tages, der Flug von Grottaglie (LIBG) nach Calatabiano, dem Flugplatz direkt am Ätna, vor uns.
Die erste Streckenhälfte (rund 150 km) führte über den Golf von Tarent, das ist die große Bucht zwischen den beiden südlichen Ausläufern der stiefelförmigen Italienischen Halbinsel. Der „Absatz“ des Stiefels im Osten gehört zu Apulien, die „Spitze“ im Westen zu Kalabrien.
Bis Crotone (dem Beginn der „Schuhsohle“) zauberte der starke Wind Schaumkronen auf die Wellen und brachte Verwirbelungen von seinem Weg über das Festland mit. Ab der Stiefelspitze fand die bislang weit auseinander fliegende Gruppe nach und nach wieder zusammen und wurde auch von „Reggio Calabria Approach“ wieder als Formation wahrgenommen. Als wir unserem Ziel schon ziemlich nahe gekommen waren, kam die Anfrage, ob wir denn zur „Flugschau“ gehören würden. Als wir das wahrheitsgemäß verneinten, teilte uns Reggio Calabria mit, dass wir erst nach Abschluss der Schau, d.h. in rund einer Stunde mit der Freigabe zur Landung in Calatabiano rechnen dürfen. Begleitet wurde die Mitteilung mit dem peinlichen Hinweis auf die NOTAM zur Flugschau.
Nun flogen wir vor der Küste Siziliens und suchten eine Antwort auf die Frage nach unserer Reaktion. Da eine Stunde Kreisen keine echte Option war, suchten wir einen Ausweichplatz und kamen nach kurzem Kartenstudium auf den nächstgelegenen: LICC. Die Überraschung beim Controller war nicht zu überhören, schließlich haben wir uns, mehr oder weniger unbewusst, den zweitgrößten Flugplatz Siziliens ausgesucht. Er versprach seine Unterstützung und informierte uns schon kurz danach, dass man auf dem Flugplatz in Catania auf uns wartet.
Nach kurzer Flugzeit konnten wir – wieder einmal einzeln – zwischen all den Urlaubsfliegern landen. Die gesamte Abwicklung in Catania, von der Landung über das Bodenhandling bis zum Wiederstart war sehr professionell, auch wenn der Platz eigentlich nicht für Ultraleichte vorgesehen/zugelassen ist.
Die rund zwei Stunden Wartezeit bis zum Wiederstart verbrachten wir in der VIP-Lounge. Dabei übernahm Ingo den noch warmen Platz des monegassischen Prinzen Casiraghi, dem wir kurz vorher noch beim Aufrollen zugeschaut haben. Eine solche Sonderbehandlung hat natürlich ihren Preis und so wollte der Manager für die eine Landung 51 Euro pro Maschine. Die Preisliste des Flughafens begann erst bei Flugzeugen mit 25 Tonnen. Nach einiger Diskussion konnte Werner den Preis auf 20 Euro drücken. Die schon gedruckte Rechnung wurde kurzerhand und völlig unbürokratisch mit einem Federstrich korrigiert.
Am späten Nachmittag flogen wir die restlichen rund 40 Kilometer nach Calatabiano „Angelo D’Arrigo“. Bei der Landung auf der „21“ machten alle angesichts des Felsens kurz vor der Schwelle den kleinen „Achtungs-Schlenker“ nach links.
Der Flugplatz wurde nach einem italienischen Ultraleicht-Pionier (†2006) benannt, der mit seinem Ultraleichtflugzeug Vogelschwärme begleitete, mit dem Hängegleiter den Himalaja überwand, den höchsten Berg der Anden (Aconcagua) überflog und zusammen mit einem Adler die Sahara und das Mittelmeer überquerte.
Der Empfang durch Giovanni Marano und Nicola Chimisso war sehr herzlich, sogar der Ätna zog für uns den Hut, war ausnahmsweise wolkenfrei. Beide konnten zunächst gar nicht glauben, dass wir in Catania (LICC) aufgenommen worden sind. Der freundliche Empfang am Flugplatz wurde von der herzlichen Hotelwirtin Rita wortgewaltig übertroffen. Die Anzahl ihrer Worte liegt bestimmt über dem schon hohen Landesdurchschnitt. Das Hotel hat eine Superlage. Von der Terrasse hat man alles im Blick: den Ätna, das Meer, den Pool und den Flugplatz, einschließlich der geparkten Flugzeuge.
Mit einem guten Abendessen unter freiem Himmel und dem dazu gehörigen Landwein fand der doch anstrengende Flugtag einen würdigen Abschluss. Rainers Aufmerksamkeit galt vor allem den beiden jungen Hunden, die er am liebsten mit nach Hause genommen hätte. Der nächste Tag stand unter dem Motto „Entspannung am Pool“. Alles ging etwas langsamer und stressfreier vonstatten. Das begann mit dem Frühstück, dem Tanken der Flugzeuge, einer kleinen Reparatur an Jans Maschine (eine Niete wurde ersetzt) und zog sich über den ganzen Tag hin. Sonnenbaden, ein Bierchen dazu und der Erfahrungsaustausch mit Eberhardt und Rosi, die mit ihrer Pioneer 200 (D-MALP) schon ein paar Wochen unterwegs waren. Jan und Ingo machen abends noch eine Ätnabesteigung mit dem Flieger, berichten von einem majestätischen Anblick und von Schnee auf dem Gipfel.
Der Ätna (italienisch Etna) ist ein aktiver und mit rund 3323 Meter über dem Meeresspiegel auch, je nach Grenzziehung, der höchste Vulkan Europas. Der bisher letzte Ausbruch fand am 27. Februar 2017 statt. Mitte März kam es zu stärkeren Eruptionen, die den Flughafen Comiso zu einer Betriebspause zwangen. Der Flughafen Catania musste am 18. März wegen der Aschewolke geschlossen werden.
Am Abend fuhr uns Ritas Mann, der „Avvocato” fährt uns zum “Mare Kambo” nach Fiumefreddo und bat das dortige Personal, uns gut zu behandeln. Dort erwartete uns, wie schon beim ersten Besuch vor vier Jahren, ein ausgezeichnetes, versnobtes Abendessen in mehreren Gängen. Der marokkanische Oberkellner, der auch fließend deutsch spricht, stellt das Menü zusammen und erklärt alles einzeln: „habe ich für euch gemacht e“. Mit dem zweiten Gang wird sogar „Autan“ gebracht; für Jan zu spät, er war gefühlt schon „ausgeblutet“. Abgerundet wurde der Superservice noch durch den Rücktransport durch einen Kellner, wie vom „Avvocato“ erbeten.
Am 20. Juni, dem zwölften Tourtag, ging es zurück an die Adria. Giovanni kündigte uns telefonisch bei Michele D’Auria Sito, dem Präsidenten des Aeroklubs Molise bei Termoli an, schließlich geht in Landessprache vieles einfacher.
Beim Abflug über die Schwelle 03 geht jeder automatisch ein bischen nach rechtes raus. Der Schiffsverkehr in der Straße von Messina ist nicht so voll wie erwartet, aber unser kleiner Umweg zum Stromboli hat sich gelohnt. Der Vulkan ist schon von weitem zu sehen, allein im weiten Meer wirkt er wie aus dem Bilderbuch.
Der Stromboli ist seit 1934 ständig aktiv. In unregelmäßigen Abständen (wenige Minuten bis stündlich) kommt es aus mehreren Krateröffnungen zu größeren und kleineren Eruptionen. Das ausgeworfene Material fällt meist in den Krater zurück oder es rollt teilweise über die Sciara del Fuoco ins Meer. Im Sommer 2014 entstand dabei eine „Lavasandbank“.
Der Flug über das Tyrrhenische Meer zum Festland verlief erwartungsgemäß sehr ruhig. Erst über Kalabrien, das fast vollständig mit Gebirgszügen bedeckt ist, wurde es thermisch und „bockig“. Zu allem Überfluss mussten wir innerhalb großflächiger Militärzonen unterhalb 1200 Fuß AGL bleiben. Beim Flug über Apulien wurden wir den Eindruck nicht los, dass einige der Bergdörfer schon vor längerer Zeit aufgegeben worden sind.
Wir haben in Castel del Monte beide Landerichtungen genutzt, die Warnungen aus dem Internet zur schlechten bis gefährlichen Piste trafen nicht zu. Kaum gelandet, wurden wir sehr freundlich von Franco, dem Platz-, Gaststätten- und Hotelbetreiber begrüßt. Nach Abfrage des Spritbedarfs führte er uns ins Gasthaus und bat um ein wenig Geduld. Mit uns angekommen war ein Bus voller Touristen, die dort ihr Mittagessen einnahmen. Wir beschränkten uns auf Wasser, Cola und eine Schüssel Pasta für alle. Nach einiger Zeit meldete sich Franco wieder, der zwischenzeitlich unterwegs war, um seine Kanister zu füllen. Nach dem Tanken wollten wir das berühmte Castel del Monte besichtigen und dachten, Franco würde uns dahin bringen. Es kam aber viel besser: er gab Werner den Schlüssel und überließ uns für die nächsten Stunden sein Auto. Francos sehr freundlicher Empfang und sein umfassender Service wurde getrübt durch den Preis von 50 Euro für die Pasta. Der Spritpreis war zwar mit 184 Euro für 80 Liter gerade noch akzeptabel.
Besonders ärgerlich war, dass Rainer und Jan den teuren Sprit über die Entlüftungsröhrchen auf der Wiese verteilt haben.
Das Castel del Monte ist ein Bauwerk aus der Zeit des Stauferkaisers Friedrich II. Es wurde von 1240 bis um 1250 errichtet, wahrscheinlich aber nie ganz vollendet. Insbesondere der Innenausbau ist anscheinend nicht beendet worden. An jeder der Ecken steht ein Turm mit ebenfalls achteckigem Grundriss. Das Hauptachteck ist 25 Meter hoch, die Türme 26 Meter. Über die Funktion der Burg ist gerätselt worden. Die Deutungen reichen von einem Jagdschloss, über ein Gebäude zur Aufbewahrung des Staatsschatzes. Besonders beliebt war die Deutung als Steinerne Krone Apuliens.
Der nächste Streckenabschnitt nach Molise-Ultravolo lag wieder weitestgehend über der Adria. Bei der Landung wurden wir wohl vom halben Club empfangen, darunter war natürlich auch der vorab informierte „il presidente“ Michele. Salvatore hat es sich nicht nehmen lassen, uns zur Unterkunft zu bringen. Obwohl er nach eigenem Bekunden weder Deutsch noch Englisch spricht, hat er sich wort- und gestenreich bemüht, uns die Vorzüge Termolis näherzubringen.
Termoli ist ein eher kleiner Badeort, mit einer wunderbaren Altstadt auf vorgelagertem Kap. Zum Abendbrot waren wir in einer Pizzeria und unser obligatorisches Eis fanden wir in der um Mitternacht immer noch sehr belebten Innenstadt.
Am 21. Juni haben wir beim enttäuschend schmalen Inklusiv-Frühstück (ein Kaffee, ein Gebäckstück) im „Café um die Ecke” den Ablauf des Ruhetages abgestimmt. Ingo und Jan machen einen anderthalb stündigen Strandspaziergang zum Flugplatz, wilde Feigen ernten eingeschlossen, um die mit Michele abgesprochene Betankung vorzunehmen. Am Nachmittag war Baden unterhalb des großen Turms angesagt. Zum Abendessen ging es wieder in die Altstadt. In einer der Seitengassen fanden wir ein ansprechendes Restaurant. Nur Rainer war von seiner Fischpfanne enttäuscht, die so gar nicht dem entsprach, was er am Vorabend bei der Konkurrenz am Vorabend gesehen hatte.
Am 13. Reisetag ging es weiter ins nächste Land: San Marino. Dass das tatsächlich so ist, haben wir bei der Aufgabe des Flugplanes feststellen müssen. Der erste Versuch wurde nicht angenommen, weil wir keinen Grenzübertrittspunkt angegeben haben. Das war schnell nachgeholt, so dass dem rund zweistündigen Flug nichts mehr im Wege stand. Der Flug entlang der Adriaküste, vorbei am malerischen Ascona, war sehr ruhig.
Die Republik San Marino ist die älteste bestehende Republik der Welt mit einer Geschichte, die angeblich bis auf das Jahr 301 mit der Gründung durch den heiligen Marinus zurückgeht. Sie ist als Enklave vollständig von Italien umgeben. San Marino gehört mit einer Fläche von etwa 60 Quadratkilometern und rund 30.000 Einwohnern zu den kleinsten Staaten der Erde. Der Staat ist Mitglied der Vereinten Nationen (UNO), des Europarats, nicht jedoch der Europäischen Union, besitzt aber dennoch den Euro als Währung.
Aus den Telefonaten zur Flugvorbereitung wussten wir, dass der Platz ganztägig offen war, Sprit aber nur bis 11 Uhr zu haben sein sollte. So war es kein Wunder, dass wir bei unserer Landung um 11:02 Uhr schon an der Tankstelle erwartet wurden. Gleichzeitig mit der Landung hatte der Flugleiter auch schon das Taxi nach San Marino bestellt. Der Platz in San Marino, malerisch auf einem Plateau gelegen, hat mit 640m eine nicht nur für die abschüssige Piste „16“ ausreichende Länge.
Die drei Festungen Burganlagen Guaita, Cesta und Montale auf dem Monte Titano wirken wie aus einem Bilderbuch und bieten einen weiten Blick über das Land. Alles auf dem Berg ist auf Tourismus ausgelegt: Bars, Restaurants, Eisdielen, Parfüm, Schuhe, Taschen und Waffengeschäfte. Von der Zahl der Waffengeschäfte waren wir überrascht, vielleicht gelten ja in San Marino freiere Gesetze als in Italien.
Für den Rückweg zum Platz wurden wir wieder von einem noblen Taxi, diesmal mit einer flotten Fahrerin, abgeholt. Nach dem Abheben in San Marino war Venedig (LIPV) nur noch eine Flugstunde entfernt. Der Anflug über die Lagune und den langgestreckten Lido war hat seinen ganz eigenen Reiz. Die Verwirrung um die zunächst angekündigte Landerichtung „05“ legte sich schnell, nachdem auch ein italienisches UL den Anflug auf die „23“ gemeldet hat.
Unser Hotel „Viktoria“ war nur 300m hinter dem Flugplatz „San Nicolo Nicelli“ (LIPV) gelegen. Die ruhigen Zimmer waren schnell bezogen, schließlich wollten wir ja noch zum Markusplatz. Wir kauften uns das Touristenticket (20 Euro/24 Stunden für alle Fähren, Busse usw.). Nach dem Übersetzen führte auch unser Stadtbummel zu den bekannten Sehenswürdigkeiten wie Seufzerbrücke, Campanile, Markusplatz, Dogenpalast, Canale Grande, Rialto-Brücke oder Torre dell`Orologio.
Am 23. Juni, unserem 14ten Tour-Tag brachten wir schon gleich nach dem Aufstehen unser Gepäck zum Flugplatz und bezahlten Landung und Handling, damit wir unabhängig von der Verwaltung abfliegen konnten.
Das Frühstück auf dem Lido nahmen wir in einem Café an der großen Einkaufsstraße ein.
Rainer und Werner flogen am frühen Nachmittag durch die dunstige, schwüle Po-Ebene und erreichten nach einer sehr stürmischen Alpenpassage Kempten (EDMK). Heftige Winde machten aus einer geplanten Flugzeit von zweieinhalb Stunden einen Flug von fast vier Stunden.
Nach einem gemütlichen Abend im Biergarten, leider ohne die erhofften Allgäuer Käsepätzle, folgte eine überwiegend ruhige Nacht, nur vom gelegentlichen Läuten der Bahnschranke und dem morgendlichen Hahnenschrei unterbrochen.
Jan und Ingo waren erst gegen 16 Uhr zurück vom Shopping am Flugplatz in Venedig. Der aufgegebene Flugplan nach Kempten war aber wegen starkem Wind und Gewittern über den Alpen nicht zu halten und damit auch ein möglicher gemeinsamer Abschlussabend in Kempten gestrichen.
Stattdessen flogen die beiden zunächst nach Al Casale, wo sie mit Eberhardt und Rosi (bekannt aus der gemeinsamen Zeit in Sizilien) einen gemütlichen Weinabend verbrachten.
Am Samstag, den 24. Juni ging für beide Gruppen die Reise nach fünfzehn Tagen zu Ende.
Rainer und Werner erreichten Weilerswist und Hamm noch vor dem nächsten Regen – und auch bei Ingo und Jan sah die Welt wieder freundlicher aus. Nach der Alpenüberquerung und einer Zwischenlandung in Schmidgaden (EDPQ) waren am Samstagabend alle vier wieder heil zu Hause angekommen.
PS: Angaben in kursiv sind Hintergrunginformationen aus Internetquellen